Lucy Barone ist eine Pionierin der Charterszene, bis heute spielt sie im rauen Geschäft ganz vorn mit.
Ihre Flotte segelt auf allen Meeren, ihr Netzwerk reicht von Freiburg bis Tahiti.
Mit im Boot: ihr Clan aus acht Kindern:
Sergio, Daniel, Frederic, Ida, Iris (welche heute bereits unter vorgehaltener Hand
„Little Lucy“ genannt wird!), Beatrice, Benjamin und Jonathan.
Quintessenz von Lucy:
Die heute 59-Jährige kam als Quereinsteigerin aufs Boot. Die gelernte Chemielaborantin zertifizierte eigentlich für den TÜV Süddeutschland in Baden-Württemberg Industrieanlagen.
Ihr Chef kam aus Kiel, hatte eine große Hallberg-Rassy, auf der Lucy und einige Angestellte mit dem Chef öfter auf Ostsee-Törns gegangen waren.
Deutschland, Dänemark, Schweden;
der „Segelvirus“ hatte Lucy erwischt !!!
Aber: wenn man in Freiburg lebt, ist es naheliegender, sich in Richtung Mittelmeer zu orientieren, statt ausgerechnet die kalte Ostsee zum Zielgebiet zu erklären, meinte Lucy damals. Und so nimmt das Schicksal seinen Lauf.
Als die erste Ehe kriselt, will Lucy auf See einen freien Kopf bekommen. Sehen, wohin es gehen soll, für sie und ihre beiden Söhne Sergio und Daniel, die zu Hause im heimischen Freiburg warteten.
Die 25-Jährige landet zunächst bei Brenneisen-Charter. Als der Chef hört, die junge Dame wünsche allein mit einer für damalige Verhältnisse stattlichen Dufour 28 auf Törn zu gehen, lehnt er ab; nein, zu gefährlich. Doch ein Nein akzeptiert Lucy nicht. Nach langen Diskussionen steigt der Eigentümer schließlich als Deckshand mit an Bord.
Es sollte ein Törn mit Folgen werden!
Denn nicht nur das Segeln hatte Lucy Barone am Ende dieser Fahrt gut gefallen.
Der Vercharterer wird der neue Mann in ihrem Leben, das Hobby zur Passion.
Alles fügt sich. Die forsche Lucy macht die nötigen Segelscheine, die DSV-Prüferlizenz. Fortan geht es freitags nach der Arbeit mit Fritz Brenneisen und den Kindern im Schlepptau per Zug an die Cote d´Azur, um segelhungrigen Deutschen erst das Patent und dann die passende Charter zu verschaffen. Montags sitzt Barone wieder am Schreibtisch für ihren TÜV-Job in Süddeutschland.
Eine weitere Story folgt: als ein Kunde von Brenneisen insolvent wird und seine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, übergibt der Insolvenzverwalter dem erstaunten Paar ein einmotoriges Privatflugzeug; eine Kompensation aus der Konkursmasse.
Kurzerhand kommt zum Segelschein der Pilotenschein;
die Prüflinge staunen nicht schlecht, als die Mutter samt fünf Kindern mit dem eigenen Flugzeug zum BR-Törn anreist.
Rückblickend waren die Anfänge der Charterbranche die gute alte Zeit, die Flotten boomen. Anfang der achtziger Jahre beschließt das Gespann Brenneisen-Barone, das Geschäft zu erweitern. Er kümmert sich um das Flottenmanagement und das westliche Mittelmeer; die neugegründete Firma Barone soll das östliche Mittelmeer beackern.
Alles läuft, aber mit der Zeit geht es in der Branche mit härteren Bandagen zur Sache.
Als eines Tages ein einheimischer Partner von Barone mit dem Gesicht nach unten im Hafenbecken treibt – angeblich wegen einer Kopfverletzung nach einem Sturz -, kann sie das nicht recht glauben.
Nichtsdestotrotz macht sie in ihrer typischen Art weiter, unerschrocken und mit Elan.
Wo immer sie eine Firma gründet, geht die Chefin segeln. Ob Mittelmeer oder Tahiti, das Revier selbst zu erkunden, gehört für sie dazu.
Streng genommen gehört ihr inzwischen eine Flotte von rund 70 Yachten und Kats
(d.h. ein Kat ist es weniger, der wurde gestern (Sa. 21.01.2012) auf Praslin/Seychellen auf einen Felsen gesetzt –hat fertig!-).
Aber Stress perlt bei Lucy ab, egal ob das Telefon klingelt oder die Mails blinken,
sie bleibt freundlich und gelassen (meistens jedenfalls).
Die zweite Ehe bröckelt, das Paar hat sich auseinander gelebt.
Und irgendwann ist da der dritte Mann in ihrem Leben. Weil der noch keine Kinder hat, macht sie Nägel mit Köpfen: Beatrice, Benjamin und Jonathan kommen dazu.
Sie hat jetzt acht Kinder. Und sie muss zugleich eine florierende Charteragentur betreiben. Das klingt nach vollem Programm! Doch weit gefehlt.
Für Frau Barone wird es der wahrgewordene Wunschtraum.
Denn: die Kinder treten zu ihrer Überraschung nicht die Flucht an, sondern steigen langsam, aber sicher, ins Geschäft ein.
Das ist nicht selbstverständlich für diese Branche.
Daniel managt die deutsche Agentur Barone zusammen mit den Schwestern Ida und Iris.
Frederic ist technischer Leiter der Flotte, Profi-Skipper, Basisleiter und Mädchen für alles.
Sergio gestaltet derweil die Werbung.
Der Barone-Brenneisen-Löffel-Can.
„Ich bin eben eine richtige Glucke“, gesteht Lucy Barone mit einem Grinsen.
Man sieht es ihr an:
In der Rolle der Clan-Chefin fühlt sie sich zu Hause und glücklich.
Sie strahlt jene Ruhe aus, die entsteht, wenn jemand die wichtigen Dinge richtig macht!
Zusammen mit sieben großen Agenturen in Deutschland will sie sicherstellen, dass ihr an allen Standorten stets genügend Schiffe zur Verfügung stehen:
Sie gründen die „Bestsail-AG“.
Im Grunde ein Franchise-Modell:
Flottenbetreiber aus aller Welt können mitmachen, wenn alle sieben Agenturen sie als qualitativ gut einstufen und sie gewisse Standards erfüllen.
Dazu gehören: dass in 99 Prozent der Stützpunkte an der Basis auch Deutsch gesprochen wird, ein genau definiertes Service-Angebot herrscht sowie Standards für die Ausrüstung der Yachten gelten.
Für dieses Modell muss der Flottenbetreiber eine Gebühr zahlen, doch im Gegenzug bringen die heute zwölf Agenturen eine sehr gute Auslastung.
Mittlerweile hat der Bestsail-Verbund 19 Standorte in aller Welt im Programm!
Zur Zeit beschäftigt Lucy Barone etwas anderes:
Der neueste Wandel in der Branche.
Unsere Kinder werden nicht mehr bei Agenturen anrufen, um ein Schiff zu buchen –
das Internet mischt die Charterszene seit Jahren auf !!!
Wer die beste Buchungsplattform hat, kann sich auf ein Riesengeschäft freuen!
Genau das Richtige für den Clan.
Die 50 Angestellten von Lucy Barone haben jedenfalls
die Zeichen der Zeit erkannt!
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Die Crewmitglieder: Henri, Christa, Uwe, Ingrid, Ulla, Jürgen, Gert, Brigitte, Manfred, Hubbi, Hanne, Paul.
Weitere Berichte lesen Sie – wenn sie neugierig geworden sind, unter:
Segeltörn in die Seychellen 2010 auf meiner Homepage (www.christathekla.de)
(Infos zu diesem Artikel u.a. gelesen in der Zeitschrift Yacht Nr. 12, vom 26.5.2010,
Artikel: Porträt: Die unglaubliche Karriere von Charter-Queen Lucy Barone –von Andreas Fritsch)
Christa Thekla Schmitz (So. 22.01.2012)